„Gott als unaufhörlichen Quäler zu sehen, ist dämonisch“

Aus „Die Richtigungen und das Erbarmen Gottes (Wortbetrachtungen, Band 3)“ von F. H. Baader


Anmerkung zum Verständnis:

  • Im Text ist von der „Geschriebenen“ die Rede. Damit ist die zweiteilige „Die Geschriebene“ gemeint (Altes und Neues Testament), eine wortgetreue Bibelübersetzung von F. H. Baader.
  • L = GEMÄSS LuUKA'S = das biblische Buch Lukas
  • EH = ENTHÜLLUNG = das biblische Buch Offenbarung

„Der Lehre von dem All‑Erbarmen Gottes wird als vorwiegendes Argument entgegengehalten, dass sie die in Gottes Wort betonte Notwendigkeit der Umkehr abschwächen würde. Diese Aussage stellt aber nur eine menschliche Meinung dar, weil sich dieselbe weder mit der Geschriebenen des Alten noch der des Neuen Bundes begründen lässt. Die Geschriebene zeigt eindeutig, dass es Gottes Milde ist, die zum Umdenken und damit zur inneren Umkehr führt [...]. Gerichte dienen als Schutz und Bremse, um nicht in noch größere Übel hineinzukommen, und haben darin eine Art Rettungscharakter, der allerdings begrenzt ist. Ein angedrohtes, den Vergehungen unangemessenes, weil unaufhörliches Gericht kann aber eine Rettung letztlich noch weniger herbeiführen, weil eine solche Drohung nicht überzeugt und somit nicht ernst genommen wird. Abgesehen davon ist die Methode, jemand durch Angst zu gewinnen, eine satanische. Eine Bekehrung durch Angst auslösende Drohung entspricht einer Notzucht. Wer nur mittels Angstmachendem bekehrt, muss damit rechnen, dass bei einer Verfolgung und unmittelbar bevorstehender Drangsal durch die aufkommende Angst die Zugehörigkeit zum HErrn widerrufen wird.

 

Der HErr JESuU'S hat die Entscheidung, IHM nachzufolgen, nie durch Angst bewirkt, sondern im Gegenteil eher die negativen Folgen einer solchen Entscheidung hervorgehoben [...]. Jedem, der aus der Wahrheit ist, sollte klar sein, dass ein seelischer Druck durch Androhung endloser Höllenstrafe (die eine Lüge ist) keine beständige Basis für eine Bekehrung darstellt.

 

[...]

 

Durch die Unterschlagung des All‑Erbarmens Gottes wird die Lehre gefördert, dass die von IHM erschaffenen Wesen ohne Aufhören, also ohne Zweck und Ziel, gequält werden. Im Gegensatz zu der gebotenen Segnung stellt diese aber eine unübertreffbare Verunglimpfung Gottes und SEINES Retternamens dar. Die Abmilderung dieser Gräuellehre durch den Einwand, dass die Qual nicht von Gott sei, ist nur eine oberflächliche Ohnmachtserklärung, die der Aussage, dass Gott der von innen her alles Wirkende ist [...], widerspricht. Schon aus L8.28–33 ist ersichtlich, dass mit einer Quälung auch eine Rettung verbunden ist und der HErr sogar Dämonen in ihrem Bitten erhört. Gott als unaufhörlichen Quäler zu sehen, ist dämonisch [...]. Qual ist gemäß EH12.2 eine Sache der Geburt, die hinterher umso größere Freude auslöst [...]. Die Auffassung, dass aus der Finsternis keine Rückkehr ist, ist eine frevlerische [...]. Wer Gott zum Grausamsten aller Wesen erklärt, weil er IHM ein sinnloses, ja sogar unaufhörliches Quälenlassen unterstellt, beweist, dass er einer frevlerischen, dämonischen Lehre verfallen ist. Einem solchen Irrtum kann nur gewehrt werden, wenn die Kündung von dem Retthüter aller, von dem Erbarmer über all SEINE Gemachten und von dem sie mit dem Blut SEINES Sohnes Erkaufenden und mit ihnen Friedenmachenden als Aufgabe wahrgenommen wird.

 

Dem Gott und Vater, der durch SEINEN Sohn den Tod in jeder Hinsicht unwirksam gemacht hat [...], sei Dank, dass ER nicht so erschreckend klein ist, wie IHN viele verkünden; IHM sei Segnung, dass ER weit größer ist, als wir IHN jetzt erkennen, und IHM sei alle Herrlichkeit, weil von SEINER Liebe nichts zu trennen vermag und ER in dieser Liebe weit mehr tun wird als wir erbitten, ja zu erdenken vermögen [...]. ER wird uns auch eine offene Tür geben, die Kunde SEINES All‑Erbarmens in die Herzen SEINER Kinder hineinzutragen, die über SEIN Wesen und SEINE Absichten nicht im Unklaren bleiben sollen.“

 

Die Richtigungen und das Erbarmen Gottes (Wortbetrachtungen, Band 3)

F. H. Baader

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Kurzbezeichnung: WOBE 3

2. (erweiterte und korrigierte) Ausgabe, 2004

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